Ich wollte mal ein anderes Genre ausprobieren. Eine Art Crossover. Aus Thriller und Mystery.
Ein frisch vermähltes Paar, Caroline und Georg Andtner, lassen sich auf einen Hauskauf im nördlichen Weinviertel ein, obwohl alle Anzeichen gegen einen Erwerb dieses Anwesens sprechen. Nicht erst durch die Nachbarn müssen sie erfahren, daß dieses 3oo Jahre alte Landhaus keinem seiner Vorbesitzer je Glück gebracht hatte – ganz im Gegenteil sogar…
„Reinthal“ ist ein Roman Noir im ursprünglichen Sinne – also eine Gothic Novel, ein Schauerroman im Geiste des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts.
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Nachdem sie einen Schluck Wasser zu sich genommen- und die Wunde auf ihrer Stirn überprüft hatte, die glücklicherweise nicht mehr blutete, torkelte sie wieder zurück in die Schlafkammer, denn mit ihr war heute kein Krieg mehr zu gewinnen – sie würde sich vielmehr gleich wieder hinlegen und weiterschlafen. Das war das einzige, wozu sie heute überhaupt noch zu gebrauchen war. Während sie in die urtümliche Schlafkoje kletterte, die fast einen Meter über dem Boden lag, streifte ihr Blick das Fenster, welches sich gleich daneben befand. Plötzlich hielt sie inne. Sie starrte direkt in zwei Augen. Doch es waren nicht etwa ihre eigenen, die sich in der Fensterscheibe spiegelten. Es waren die Augen Georgs. Irgendwie. Aber irgendwie auch nicht. Was tat er hier nur? Und zu so später Stunde? Warum kam er nicht herein? Warum sagte er nichts? Was hatte er nur vor?
„Georg?“, rief sie nun mit zitternder Stimme aus.
Doch es blieb still. Das Gesicht war augenblicklich vom Fenster verschwunden. Genau hatte sie es nicht erkennen können, da es draußen bereits finster war und es lediglich vom Lampenschein in der Schlafkammer erhellt worden war. Jedoch nicht genug, um mit absoluter Gewißheit sagen zu können, daß es wirklich Georg gewesen war. Aber irgend jemand war da draußen, das war klar.
Allmählich dämmerte ihr, daß beide Haustüren unverschlossen sein mußten, denn der Techniker hatte sie beim Weggehen lediglich zugezogen. Sie hingegen hatte sich längst schon angewöhnt, den Riegel vorzuschieben, vor allem während der Nacht, so fühlte sie sich einfach viel sicherer hier im Haus, insofern das überhaupt möglich war. Zunächst würde sie also die untere Haustür verschließen und mit dem Riegel sichern, dann die obere. Und die Terrassentür stand vermutlich ebenfalls noch offen – und allein der Gedanke daran bereitete ihr großes Unbehagen.
Schwerfällig stieg sie also wieder aus dem Bett und ging langsam auf die innere Haustür zu, die in den Arkadengang führte. Tatsächlich stand die Terrassentür aus blauem Tiffanyglas immer noch sperrangelweit offen. Jeder, aber wirklich auch jeder, hätte inzwischen hundertmal hier ins Haus gelangen können, wo sie völlig wehrlos im Bette geschlafen hatte, um ihr weiß Gott was anzutun! Sie erschauderte allein bei dem Gedanken daran.
Zaghaft betrat sie nun die Terrasse, wobei sich umgehend der Bewegungsmelder auslöste und zumindest den vorderen Teil des Gartens erhellte, wohingegen der hintere weiterhin im Dunkeln blieb. Hier vorn, auf der Terrasse, war niemand, dessen konnte sie sich nun vergewissern, aber was weiter hinten im Garten vor sich ging, das konnte sie von hier aus nicht sehen. Plötzlich hörte sie ein Knacken, unmittelbar hinter dem Dachboden des Werkstatthauses, gefolgt von einem Rascheln, wobei sich das Geräusch rasch von ihr fort bewegte. Das muß ein Mensch gewesen sein, dachte sie, zumindest aber etwas sehr Großes.
„Georg?“, rief sie erneut. Doch es blieb still.
Während sie mechanisch nach dem Spaten griff, welcher gegen den Giebel des Werkstatthauses gelehnt stand, tat sie nun einige Schritte in den Garten hinaus, wobei sie dem schmalen Plattenweg folgte, bishin zum Rosenbogen, wo sie schließlich stehen blieb. Erst hier begann der hintere Teil des Gartens, welcher in völliger Dunkelheit lag. Lediglich der vordere Teil der Wiese wurde noch ein wenig von der Laterne über der Terrasse beleuchtet, den hohen Baum am Ende des Grundstücks konnte sie nur schemenhaft erkennen. Da stand doch jemand!? Sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch es nutzte nichts. Zögernd tat sie einen weiteren Schritt nach vorn, wobei sie durch den alten Rosenbogen aus schwarzem Gußeisen hindurchschritt. Rosen gab es hier schon lange keine mehr.
Da stand tatsächlich jemand, direkt unterm Baum, jetzt konnte sie es gut erkennen! Ein Mann, den Umrissen nach zu schließen, so um die Mitte Fünfzig vielleicht, recht groß, von kräftiger Statur.
„Georg?“, versuchte sie es erneut.
Doch die Gestalt rührte sich nicht. Alles blieb still.
Erst jetzt, als sie zwei weitere Schritte nähergekommen war, erkannte sie, daß die Gestalt ihr den Rücken zuwandte. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Es könnte jeder sein! Auf den ersten Blick wirkte es wie Georg – aber es könnte auch jener Mann sein, der am Vorabend unter ihrem Stubenfenster gestanden hatte.
© Patrick Karez, Reinthal, BoD, 2020
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